Plötzlich standen 14,97 Euro auf der Rechnung, die da nicht hin gehörten. „MoCoPay GmbH… WEB-ABO-Handycontent, Funfone (3x)“ nannte das Kleingedruckte zur Begründung. Erster Gedanke: „Wer ist MoCoPay?“ Die Erklärung fand sich schnell im Nutzerforum von O2 unter Einträgen wie „Abofalle Mocopay“ und „Drittanbietersperre – MoCoPay“: Ein Dienstleister, der für zahlreiche Anbieter von Mobildiensten die Abrechnung übernimmt. In meinem Fall Funfone, eine Firma, die davon lebt, das Netz mit den „coolsten Games, Ringtones und Wallpapers“ zu überschwemmen.
Zweiter Gedanke: „WTF? Wie kann das überhaupt passieren?“ Und an diesem Punkt beginnt mein Zorn auf O2. Denn mit jedem Klick im Kundenportal, mit jedem Versuch, das Problem zu lösen, wurde deutlicher, dass O2 es offenbar bewusst darauf anlegt, Handy-Nutzer in die Falle tappen zu lassen.
Das fängt damit an, dass sämtliche Angebote, die über das Smartphone gebucht werden können, automatisch freigeschaltet sind. Das heißt, eine falsche Handbewegung, ein unbedachtes Fingertippen auf einen Link in einer App oder eine Werbung im Browser kann bereits genügen, um hohe Kosten zu verursachen – denn die Bezahlung erfolgt über die O2-Rechnung, ohne Eingabe eines Passworts oder andere Sicherheitsabfragen. Praktisch für Funfone und O2, riskant für alle Kunden, die erst beim Blick auf die nächste Rechnung merken, dass da etwas schief gelaufen ist.
„Die Möglichkeiten zur Kündigung Ihres Abos werden Ihnen bei der Bestellung durch den Dienstanbieter per SMS mitgeteilt“, erklärt O2 in seinen Hilfedokumenten zum Bezahlen per Handyrechnung. Das wäre ein Hinweis gewesen, zugegeben. Nur: Eine SMS von Funfone oder MoCoPay war im iPhone nirgends zu entdecken. Genauso wenig ließ O2 sich die Telefonnummer für eine Service-Hotline entlocken. Wer im Kundenportal nach Kontaktmöglichkeiten sucht, wird im Kreis geführt und landet immer wieder bei Hinweisen auf Chat und Filialen: „Ihr direkter Draht zu O2.“
Also Chat versucht – und abgewiesen: System überlastet. Noch mal auf die Rechnung geschaut: auch dort kein Hinweis auf eine Kunden-Hotline. Sauer geworden, einen wütenden Tweet abgesetzt – und siehe da, das zumindest brachte ein wenig Hilfe. Über mehrere Tage hinweg gelang es mir dann per Direktnachrichten-Pingpong, eine Drittanbieter-Sperre einzurichten, um merkwürdige Buchungen zumindest in Zukunft zu verhindern.
Weiterhin offen blieb das Problem der 14,97 Euro, die bereits in der Rechnung standen. Meine neuen Freunde bei Twitter konnten ebenso wenig helfen wie der Mitarbeiter in einer O2-Filiale: Dort ist man gern für alle da, die Neukunde werden wollen – aber bei Fragen zur Rechnung? „Da müssen Sie die Hotline anrufen.“ Aha. Welche Hotline? Er drückte mir einen Zettel in die Hand: 55222.
Angerufen, zur Begrüßung der Hinweis: „Dieser Anruf kostet Sie 20 Cent.“ Eigentlich ein Witz bei einem Mobilfunkanbieter, aber bitte. Nach einigem Herumirren in den Sprachmenüs lande ich in der Warteschleife – das war zu erwarten. Und werde nach gefühlt zwei Minuten abgehängt: „Leider steht zur Zeit kein Mitarbeiter zur Verfügung, bitte versuchen Sie es später noch einmal.“ Im Ernst? Ein Gespräch, das ich bezahlen soll, wird vorzeitig beendet?
Zurück zu Twitter, neue Versuche, dort das Problem zu lösen. Erfolglos. Vorher schon hatte ich MoCoPay angeschrieben, um zu erfahren, wie es überhaupt sein kann, dass ich für ein angebliches Abonnement zur Kasse gebeten werde, für das es keine erkennbare Bestätigung gibt. Antwort: „Guten Tag, wir haben die genannte Mobilfunknummer von der technischen Abteilung prüfen lassen und können Ihnen folgende Informationen übermitteln: Service Funfone, Open at 2016-06-10 10:13:57, Status abgemeldet. […] Tatsache ist, dass die Webseite von der genannten Mobilfunknummer abgerufen wurde und die verschiedenen notwendigen Schritte, um den Dienst zu abonnieren, bestätigt wurden, wo der Nutzer ebenfalls über die genauen Kosten und die Art der Abmeldung vom Dienst informiert wurde.“
Als ich für diese Behauptungen Beweise erbitte, werde ich in der nächsten E-Mail abgewimmelt: „Für weitere Fragen wenden Sie sich bitte an den Dienstanbieter an die folgende E-Mail Adresse: support@funfone.me.“ Auch Funfone ist nicht bereit, mir Beweise zu schicken – etwa Protokoll-Daten, die zeigen würden, von welcher IP-Adresse und aus welchem Netz, mit welchem Browser oder welcher App das angebliche Abonnement abgeschlossen wurde. Als Antwort erhalte ich lediglich: „Vielen Dank für die Kontaktaufnahme mit Funfone! Ihre Nummer wurde aus unseren Diensten entfernt. Sie erhalten von uns keine weiteren Nachrichten und Ihnen entstehen durch unsere Dienste keine weiteren Kosten.“
Natürlich könnte ich Einspruch erheben und versuchen, mein Geld zurück zu bekommen. Ich könnte auch die Einzugsermächtigung kündigen, um automatische Abbuchungen zu verhindern. Nur: All das kostet nicht nur Zeit (die ich lieber in diesen Blog-Eintrag investiere, weil er vielleicht ein paar Menschen vor O2 und seinen Methoden warnen kann), sondern auch Geld für Porto und Einschreibegebühren.
Am meisten ärgert mich, dass O2 so tut, als gäbe es keine Möglichkeit, Vorfälle wie meinen zu verhindern. Die Lösung wäre ja simpel: Alle Dienste, die nicht ausdrücklich gewünscht werden, sind von Haus aus deaktiviert – opt-in also statt opt-out. Und wer auf Funfone & Co. Wert legt, hat die Möglichkeit, diese Dienste im Kundenportal einzuschalten. Warum das nicht ohnehin so ist? „Das konnten wir leider bisher nicht so einrichten“, antwortet mir „CW“ auf Twitter. Seltsam nur, dass Vodafone damit überhaupt kein Problem hat: Da kann ich Drittanbieter-Angebote sekundenschnell an- oder ausschalten. (Update: Auch O2 hat diese Funktion inzwischen eingeführt, siehe unten.)
Keine Frage also, dass O2 es hier ganz bewusst darauf ankommen lässt, Kunden in die Kostenfalle tappen zu lassen. Nur, um sie anschließend so weit wie möglich zu ignorieren. Das O2-eigene Hilfeforum ist voll von Beiträgen, in denen Nutzer darüber klagen, keine Drittanbieter-Sperre einrichten zu können, weil ihnen niemand hilft. Und die berichten, stunden- oder tagelang vergeblich hinter dem Kundenservice herzulaufen: Chat-Sessions, die nicht funktionieren; überlastete Hotlines; frühzeitig beendete Telefonate in der Warteschleife. Genau wie bei mir. Das hat System.
Mit der August-Rechnung kam dann die nächste Überraschung: Wieder 4,99 Euro zu viel. Wieder MoCoPay. Einen Moment lang war ich versucht, durch die Decke zu gehen, und dann dämmerte mir, warum ich noch mal zur Kasse gebeten wurde. Funfone berechnet 4,99 Euro pro Woche, und da ich das Problem erst am 7. Juli bemerkt hatte, nützte es nichts, sofort zu kündigen: Die erste Woche im Juli war ja schon um. Also hält das Syndikat aus Funfone, MoCoPay und O2 noch mal die Hand auf. Nur konsequent. Logisch auch, dass O2 mir – wie angekündigt – 20 Cent für den Anruf bei der Kunden-Hotline berechnet hat, aus dem ich vorzeitig rausgeworfen wurde.
Auch wenn 20 Cent nicht der Rede wert scheinen mögen: Vieltausendfach multipliziert, entsteht daraus eine hübsche kleine Nebeneinnahme. Genau wie durch etliche Drittanbieter-Abos, die irrtümlich abgeschlossen werden und erst auffallen, wenn die nächste Rechnung kommt. (Ich bezweifle immer noch, dass von meiner Mobilnummer überhaupt ein Funfone-Abo bestellt wurde.)
Hinter O2 steht Telefónica, ein spanischer Telekomriese, der sich als Nummer drei auf dem deutschen Markt gezwungen sieht, Deutsche Telekom und Vodafone konsequent beim Preis zu unterbieten. O2-Verträge sind üblicherweise deutlich billiger – auf den ersten Blick zumindest. Hintenrum holt das Unternehmen sich dann einiges zurück. Für mich steht jetzt schon fest, dass ich nicht länger Kunde bleiben werde, als ich es – vertraglich gebunden – unbedingt sein muss.
Nachtrag, März 2018: Auch O2 erlaubt es inzwischen seinen Kunden, im Nutzerportal selbst eine Drittanbietersperre einzurichten und für verschiedene Kategorien zu verwalten, welche Dienste generell blockiert oder freigeschaltet sein sollen. Die Funktion findet sich – etwas versteckt – unter dem Menüpunkt „Tarif & SIM-Karte“ im Reiterfeld „SIM-Karte verwalten“. Ganz unten sind dann die „Drittanbieterdienste“ aufgeführt.
Die zahlreichen Klicks, die mein Blogeintrag täglich bekommt, deuten allerdings darauf hin, dass viele O2-Kunden weiterhin auf Drittanbieter-Abos hereinfallen, ehe sie versuchen, den Schaden zu begrenzen. Ich habe meinen Vertrag zum Ende der Laufzeit gekündigt.