Karsten Lemm

Wassermangel: Deutschlands Dürre-Jahre

April 15, 2023
April 15, 2023
Ausgetrocknet: das Fredersdorfer Mühlenfließ (Senitz) in Schöneiche bei Berlin

Wo ist der Bach geblieben? Über Jahrhunderte floss hier in Schöneiche bei Berlin reichlich Wasser den Hang hinab, um sich in den nahen Müggelsee zu ergießen. Bei meinen Besuchen Mitte Februar, Anfang März war davon wenig zu sehen – obwohl das Fredersdorfer Mühlenfließ, wie der Bach heute heißt, sich im Winter eigentlich erholen müsste.

Doch seit 2018 leiden weite Teile Deutschlands unter Dürre. Hitzesommer zehren den Boden aus, und die Winter werden merklich kürzer. Fallen sie dann ebenfalls zu trocken aus, verschärft sich die Dürre – und am Ende droht chronischer Wassermangel.

Landkarte mit Müggelsee und Fredersdorfer Mühlenfließ

Die Region Berlin-Brandenburg ist davon besonders betroffen, weil im Mittel deutlich weniger Regen, Schnee, Griesel und Graupel vom Himmel kommt als im Südwesten Deutschlands oder am Alpenrand. Zugleich wächst mit der Metropole Berlin auch die Zahl der Menschen, die Wasser verbrauchen, und im Umland siedeln sich neue Industriebetriebe an, deren Durst die Natur kaum noch stillen kann. Allen voran: Teslas Gigafactory in Grünheide, deren Wasserbedarf von 1,4 Millionen Kubikmetern im Jahr einer Kleinstadt mit 31.000 Einwohnern entspricht.

Für die März-Ausgabe der deutschen MIT Technology Review habe ich mich auf die Suche nach Antworten auf einige der drängendsten Fragen begeben: Sind die jüngsten Dürre-Sommer nur ein Ausreißer? Wie sehr macht sich bereits der Klimawandel bemerkbar? Was können Städte tun, um bei Wolkenbrüchen Überschwemmungen zu verhindern? Und wie lässt sich Wasser allgemein schlauer nutzen, damit genug für alle bleibt?

Die Recherche führte mich unter anderem zu Thomas Gäbert von der Agrargenossenschaft Trebbin, der mit seinen Kollegen angefangen hat, auf Brandenburgs sandigen, nährstoffarmen Böden Kichererbsen und Hirse anzubauen – Pflanzen, die trockene, heiße Sommer besser überstehen als Weizen, Mais oder Gerste.

Am IGB Leibniz-Institut in Berlin erklärte mir der Gewässerökologe Martin Pusch, warum die Spree in Hitzesommern inzwischen regelmäßig rückwärts fließt und wie der Braunkohlebergbau in der Lausitz die Wasserprobleme der Hauptstadt-Region verschärft.

Trockenheit und Dürre: Der Mühlenteich in Schöneiche ist im Februar 2023 ausgetrocknet
Zwei Wochen Niederschlag haben gereicht, um den Mühlenteich in Schönweide wieder mit Wasser zu füllen

Zwei Wochen mit viel Regen und ein wenig Schnee liegen zwischen diesen beiden Aufnahmen: Mitte Februar war der Mühlenteich im Kleinen Spreewaldpark in Schöneiche ausgedorrt, Anfang März hatte er sich erholt.

Pusch war es auch, der mich auf das Mühlenfließ in Schöneiche aufmerksam machte. Bei meinem ersten Besuch im Februar führte die Brücke im Kleinen Spreewaldpark über eine staubige Landschaft aus Laub, Gras und Findlingen, die einst das Wasser zähmen sollten. Zwei Wochen später hatte sich – nach viel Regen und etwas Schnee – zumindest wieder ein Rinnsal gebildet. Auch der Mühlenteich, gleich neben der Brücke, war wieder da.

Das zeigt, wie es der Natur gelingen kann, sich zu regenerieren. Doch ein nasser Winter kann jahrelange Defizite nicht ausgleichen. Bei meinem zweiten Besuch in Schöneiche bin ich dem Bach einige Kilometer gefolgt und konnte schon bald durchs Bach-Bett laufen, ohne mir die Füße nass zu machen. Über weite Strecken ähnelte die Landschaft einem Trampelpfad durch Wald und Wiesen. Nur Brücken zeigten hier und da, dass eigentlich Wasser unter ihnen entlang fließen sollte.

Mein Artikel, für den ich auch fotografiert habe, ist online auf der Website der deutschen Ausgabe der MIT Technology Review zu lesen. Alternativ gibt es das ganze Heft als PDF oder auf Papier zu kaufen.

Fotogalerie: Eindrücke von der Recherche

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